Ein Sammlungsarchiv hinter verschlossenen Türen, das nur ausgewiesene Experten betreten dürfen, gehört im Technischen Museum Wien der Vergangenheit an.
INTERESSIERTE SUCHEN UND FINDEN SCHÄTZE DER TECHNIKGESCHICHTE ONLINE
Seit Januar dieses Jahres können Interessierte weltweit rund um die Uhr Sammlungsobjekte online erkunden und sich sogar an der Erweiterung und Verbreitung der Daten beteiligen. Auf der Museumswebsite finden sich 90% des gesamten Museumsbestandes. Zum Vergleich: Was im Museum auf einer Fläche von 22.000 qm (das entspricht drei Fußballfeldern) ausgestellt ist, umfasst nur etwa ca. 5% der rund 160.000 Objekte, die zur vielfältigen Sammlung des Museums gehören. Auf einem Kasernengelände des Bundesheeres lagern in zwei Hallen und auf mehreren Stockwerken tausende weitere Objekte. Die wirklich großen Objekte, wie die historischen Züge, werden in einem weiteren, eigenen Depot aufbewahrt. Außer über seltene, buchbare Führungen waren diese Sammlungsbereiche bislang für Nichtwissenschaftler unzugänglich. Neben den Highlights der Ausstellungen finden Interessierte in der Datenbank so unterschiedliche Dinge wie Fotokameras, Glasaugen oder historische Zigarettenpackungen.
OHNE THESAURUS KEINE SUCHE. DIE ADLIB-DATENBANK VON AXIELL
„Unsere Erfahrung zeigt, dass die Nutzer vor allem spielerisch mit den Daten umgehen und die verschiedenen Suchoptionen, z.B. nach Themen, Ereignissen und Geografie, ausprobieren“, so Harald Wendelin, der im Technischen Museum Wien für das Projektmanagement rund um die Datenbank zuständig ist. Die ursprünglich selbstentwickelte Datenbank, die auf fast 100 Jahre hand- und später maschinenschriftliche Registrierung und Inventarisierung folgte, wurde 2012 durch das leistungsstarke Datenbanksystem Adlib ersetzt. Die Entscheidung fiel vor allem deshalb für Adlib, weil das System sowohl Objekt- als auch Archivmaterial komfortabel verwalten kann. Eine Herausforderung für den Aufbau der Datenbank bestand darin, einen Thesaurus zu entwickeln, der unterschiedlichste Objektarten erfassen konnte. Um die Suche vorwiegend über kontrollierte Begriffe zu ermöglichen, musste ein einheitliches Vokabular für alle Sammlungsbereiche erst entwickelt werden.
Das Thesaurusmodul von Adlib gehört zu den besten seiner Art. Begriffe können auf einfache und übersichtliche Weise überprüft und mit äquivalenten Bezeichnungen, über- oder untergeordneten und verwandten Begriffen in Beziehung gesetzt werden. „Der Thesaurus ist eines der tollen Features, die Adlib bietet“, sagt Wendelin. „Für uns ist er ein absolut zentrales Werkzeug zur Verwaltung der Daten.“
ZUSCHAUEN UND MITMACHEN: DIE DATENBANK WÄCHST
Dass die Suchfunktion eines Online-Katalogs gut strukturiert ist, mag wie eine Selbstverständlichkeit klingen. Das Technische Museum hat aber noch mehr mit der Veröffentlichung der Datenbank vor. Sie eröffnet mit ihr einen Blick auf die tägliche Museumsarbeit und -praxis. Außerdem ist jeder, der etwas über die Objekte weiß, aufgefordert, mitzuarbeiten. Tagtäglich wird im Museum inventarisiert und digitalisiert, werden die Datensätze gepflegt und aktualisiert. Die Daten, die auf der Website des Museums präsentiert werden, zeigen dynamisch den jeweils aktuellen Stand der Objekterschließung. Jede Änderung in der Sammlungsdatenbank bildet sich unmittelbar in Echtzeit auf der Website ab.
Neben den besonders gut erschlossenen und erforschten Sammlungsgruppen gibt es auch Datensätze, die vor ihrer Online-Veröffentlichung nicht vollständig bearbeitet werden konnten. Diese Aufgabe würde Jahrzehnte brauchen! Das Technische Museum Wien hat sich trotzdem für die Publikation dieser Daten entschieden und damit den Aufruf verbunden, an unvollständigen oder fehlerhaften Datensätzen mitzuarbeiten. Man erhofft sich nicht nur Mithilfe, sondern erwartet auch, vom Wissen der Nutzer zu profitieren. Wendelin ist davon überzeugt, dass der eingeschlagene Weg der richtige ist: „Die Qualität dessen, was wir an Zuarbeit zu Objekten erhalten, ist wie erwartet extrem gut.“
DIE SAMMLUNGSDATEN WERDEN VERNETZT UND WEITER VERBREITET
In Sachen Transparenz und Teilhabe geht das Technische Museum Wien aber sogar noch einen Schritt weiter: Die veröffentlichten Daten werden mit offenen Datenbeständen aus anderen Quellen (GND, Wikipedia, Geonames, etc.) vernetzt, und dem Linked Open Data-Konzept (LOD) folgend wird das Museum auch selbst seine Daten über eine LOD-Schnittstelle zur Verfügung stellen. In Kürze soll die Schnittstellendokumentation mit allen nötigen Informationen dazu auf der Website veröffentlicht werden. Damit ist es prinzipiell jedermann möglich, jene Daten, die das Technische Museum aus seiner Sammlungsdatenbank online stellt, für eigene Web-Anwendungen zu verwenden.
Mit der Öffnung seiner Objekt- und Archivdatenbank verfolgt das Technische Museum Wien genau die Ziele, deren Umsetzung die EU unter dem Schlagwort „accessibility“ fordert: gleicher Wissenszugang für alle, Transparenz in der Wissensverwaltung, Vernetzung und die Förderung von Forschungsinitiativen von außerinstitutionellen Experten. Damit ist das Technische Museum Wien eines der ersten Museen in Österreich, das seine Sammlung in so großzügigem Maße der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt. Internationale Referenzbeispiele sind das British Museum in London oder das Rijksmuseum Amsterdam. „Wir arbeiten gegen eine Art Schrebergartenmentalität an, die auch im Kulturbetrieb leider vorherrscht und dem offenen Umgang mit Daten entgegensteht“, so Wendelin. Nur wenn im Internet das Primat der Offenheit und nicht der Verschlossenheit gilt, kann die digitale Gesellschaft einen demokratischen Zugang zu Wissen und kulturellen Inhalten verwirklichen. Das Beispiel des Technischen Museums zeigt, wie alle Beteiligten davon profitieren können.